Schuld hat mein Schwager,

dass ich das jetzt schreibe. Ja, genau der, der mir den kleinen akribischen Unterschied zwischen dem „Gleichen“ und dem „Selben“ so nahe brachte, dass ich das nie wieder vergessen kann, besonders nicht in seiner Gegenwart und auch nicht, wenn ich ein Schnitzel esse. Vielleicht ist es ja auch gut so. Ich werde das natürlich weiter geben, kann mir aber jetzt schon vorstellen, was mein Enkel für ein gelangweiltes Gesicht zieht, wenn ich es ihm erkläre. Aber vorläufig lasse ich ihm noch die Freiheit, selbst zu entscheiden, was er für das Gleiche oder das Selbe hält. DER Schwager rief mich an! Im Krankenhaus! Ich! Es war immer so, dass, wenn einer von uns den unumgänglichen Weg in ein solches „Gefängnis auf Zeit“ gehen musste, der andere so tat, als sei dieser im All verschollen und erst nach seiner Landung auf der Erde wieder erreichbar. Außer beim letzten Mal, als es ihn erwischte, brach ich das Eis, weil ich wusste, dass das Krankenhaus ihn niemals ohne sein iPhone einfangen konnte. Es war aber auch nur eine technische Frage, die ich hatte und hoffte, er könne sie beantworten. Gebracht hat es nichts, aber vielleicht vermittelte das ein gutes Gefühl. Wir haben das nie geklärt. Aber von vorn: Ich möchte ja eigentlich keine Krankengeschichte von mir erzählen. Erstmal interessiert das keinen und zum anderen geht es niemanden etwas an. Eigentlich!

 

Achtung! 

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Aber da es um Erlebnisse aus dieser Zeit geht, ist es nicht trennbar. Der Ursprung dieses Abschnitts meines Lebens ist nicht ganz klar definiert, aber die Reihenfolge stimmt. Am 04. Januar des vorigen Jahres trat eine Wende bei mir ein. Ich entschloss mich, ich tue etwas für meine Linie, was nottat. Also schleifte ich das uns zu Weihnachten geschenkte Tablett, nicht zu verwechseln mit einem Internet- oder Servier- Tablett , oder einem E-Book vor den Fernseher. Ich schloss die Wii an und legte die neue Trainings-CD ein. Ich meldete mich an, wie es ja jetzt überall nötig ist und stellte ein Ebenbild meiner selbst her. Dann nahm das Teil meine Daten auf, z. B. das Gewicht. Ich erschrak. Das konnte doch nicht sein, aber das Ding ließ sich nicht bestechen. Ich wollte mich abmelden, aber es hielt mich fest. Also meldete ich mich als ein Bernhardiner an, aber der wog genau so viel wie ich. Also riss ich mich zusammen und erstellte ein mir genehmes Trainingsprogramm. Und dann trainierte ich ein viertel Jahr fast täglich. Als Widder zieht man Sachen durch , die man sich vorgenommen hat. Und ich bin Widder. Ich steppte, schneller und weiter als verlangt wurde und lief bis zu 16 km, auf der Stelle. Das Gute war, ich hatte keinen Gegenwind und gesehen hat auch keiner, wie die Massen hin und her wogten. Es stellte sich schnell Erfolg ein und es machte Spaß, schon weil man sich immer besser fühlte. Und die Tatsache, dass ich mein tägliches Eis weg ließ, tat sein Übriges. Mein, für ein viertel Jahr geplantes, Ziel erreichte ich schon nach zwei Monaten und ich steckte mir ein weiteres . Zu meinem Geburtstag überrascht mich meine Familie mit einem viel zu weitem T-Shirt, auf dem mein Wii- Ebenbild abgedruckt ist. Das zweite Ziel war auch fast geschafft. Doch eines Tages gab es in meinem Körper einen Knacks. Das ist heute auf den Tag genau ein Jahr her. Es war der Geburtstag meiner Tochter Wir trafen uns in ihrer Wohnung zum Sektfrühstück und sie hatte den Wunsch zu einem neue Toilettendeckelsystems, das das alte ersetzen sollte.   Natürlich war es meine Aufgabe diese Arbeit zu übernehmen. Also legte ich los. Nun weiß ja jeder, der solche Arbeiten schon mal in Angriff nahm, dass so ein Toilettendeckelsystem nicht nur genau für dieses Becken hergestellt ist, für das man es gekauft hat, was sich am Zubehör bemerkbar macht. Also ärgerte ich mich schon beim Öffnen der Zubehörtüte über die ellenlangen Gewindestangen, die dem Ganzen einen Halt am Becken verschaffen sollten. Außerdem ist es ja nicht so, dass man bei De- und Montage des Ganzen dasitzen und ein Lied pfeifen kann. Nein! Man klemmt sich irgendwie über den Deckel und versucht mit allen möglichen Tricks, die fast unerreichbaren, sonst fast immer locker werdenden, gerade jetzt aber festsitzenden Muttern von den lange Gewinden zu schrauben. Natürlich dreht man erst einmal verkehrt herum, weil man ja keinen Blickkontakt hat und sowieso in die falsche Richtung schaut. Werkzeug klingt wie ein Zauberwort, aber das Richtige muss man erst mal haben. Hat man es, ist es garantiert an einer anderen vergangenen Familienbaustelle liegengeblieben. Und dann muss es wirklich die richtige Größe haben, denn die extra schmale Waschmaschine steht so nah daneben, dass eine normale Rohrzange nicht bewegt werden kann. In diesem Wohnungstyp ist es aber die einzige Möglichkeit eine Waschmaschine aufzustellen, auch wenn man sich als Rechtshänder arg verbiegen muss, um das große Geschäft sauber zu Ende zu bringen. Ich aber möchte meiner Tochter die Freude machen. Bevor ich das Haus verlasse, können wir durch eine neue Brille sehen. Also lege ich los, das heißt ich lege meinen doch erfreulich dünner gewordenen Bauch auf den Deckel und versuche mit der mir zur Verfügung stehenden Kraft die Muttern zu lösen. Natürlich spielen dabei Innereien eine Rolle, von denen man nicht wusste, dass man so etwas hat. Und voller Ehrgeiz und ständigem Fluch auf den Lippen ziehe ich das Ding durch. Klar! Doch dann, beim Aufrichten gibt es irgendwas , dass mich stutzen lässt und mir einen unwahrscheinlich beißenden Schmerz verpasst. Ich halte meinen Bauch und weiß nicht, was abgeht, oder ob er abgeht. Dar Schmerz bleibt irgendwie den ganzen Tag an mir haften. Wenigstens kann ich aber trinken und essen. Irgendwann verging der Schmerz und alles war vergessen. Das Wort Verrenkung spielte eine nicht unwesentliche Rolle. Ein paar Wochen später, es war der 13. Mai, war Muttertag. Ich weiß das genau, weil gerade an diesem Tage auch mein Gartennachbar Heinrich Geburtstag hat, dem ich eigentlich gar nicht mehr gratulieren wollte, weil er im letzten Jahr nicht mal eine Bitterlemon ausgegeben hat. Aber das ist eine andere Geschichte. Meine Frau lud ihre Mutter, mich , meine Tochter und den „Kleinen“ zu einem Mittagessen auf einem alten Raddampfer, der als Sehenswürdigkeit an dem Elbufer liegt, ein. Es war ja Spargelzeit und ich bestellte ein Schnitzel mit eben dem edlen Gemüse. Meine Frau aß das Gleiche, vom selben Schwein und Acker. Hier waren nicht nur, wie sonst oftmals die Teller groß, nein auch die Portionen. Und das bekam ich zu spüren, als wir den Dampfer verließen. Ich fühlte einen Schmerz und hatte das Gefühl, als sei ich ein riesiger Ball. Nachdem ich am Abend im Garten ankam und doch noch gratulierte, musste ich die mir angebotene Bitterlemon ablehnen, was wiederum auf Unverständnis stieß. Ich hatte bis zum nächste Morgen meine Sorgen. Doch auch das verging und wurde in die Vergessen-Kiste gepackt. Eines Tages ergab es sich, dass meine Frau bei unserem Hausarzt einen Termin zum Gesundheitscheck für mich machte. Ich hätte das sicher bis heute nicht gemacht. Aber so ging ich also hin und erzählte von meiner Abspeck-Kampagne und diesen Schmerzen. Ich legte ihm auch gleich die Worte in den Mund, dass durch dieses Training der Darm durchaus etwas verrutscht sein kann, was aber nicht weiter schlimm ist, er muss sich nur einen neuen Fixpunkt in den Weiten der Bauchhöhle suchen. Er nickte ab und ich war froh nichts Ernstes zu haben. Also beruhigte ich mich erst mal. Es kam die Zeit des Urlaubs ( verbracht in meinem Lieblingsurlaubsland), dann die ganze Gartenzeit, bis… Bis es wieder so weit war. Wieder war ich eingeladen und ließ nichts auf dem Teller. Und das rächte sich in Bauchschmerzen. Ich hatte die Zeit des Trainings lange hinter mir und dachte der Darm hat seinen Fixpunkt gefunden, dem schien jetzt aber nicht so. Aber auch dieses Mal ging alles vorbei und geriet in Vergessenheit. Aber irgendwie hatte man das Gefühl, dass der langsam wieder anwachsende Bauch eine unnatürliche Form annahm. Auch aufgeblähte Gefühle kamen hoch. Da in diesem Winter richtiger Winter war, mussten oft hohe Schnürstiefel angezogen werden, deren Schnürsenkel manchmal nur unter Stöhnen eine Schleife erhalten konnten. Das gab dann natürlich wieder zu denken.

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Und wieder war es meine Frau, die einen Termin beim Hausarzt vereinbarte, den ich wieder wahr nahm. Im Vorfeld dachte ich schon mit mit Grauen an das Wartezimmer und das ganze Haus, dass nach einem Umbau noch mehr Personal und Patienten aufnahm als vorher. Fester Termin, aber nicht zu der Zeit dran kommen, war die Devise. Eine Stunde Wartezeit ist MUSS bei festen Terminen. Aber ich blieb standhaft im wahrsten Sinne des Wortes.

Endlich kann ich rein. Kurzes Gespräch, kurzes Ansehen, kurzes Anfassen: Diagnose: Leistenbruch und etwas im Bauch, was da nicht hingehört,. Überweisung zum CT und zur Chirurgie, wir sehen uns wieder , wenn alles geklärt und in Ordnung ist und tschüss!

Oh!

Ich nach Hause. Zur Chirurgie wegen das Leistenbruchs, o.k.

Aber die lateinischen Ausdrücke auf dem anderen Zettel bekamen wir nur durch googeln raus. Oh das war nicht gut. Während der drei Tage bis zum CT machte ich mir echt Gedanken, was ich noch tun muss und was ich noch tun kann und dass ich in meiner Lebensalters-Planung einen gewaltigen Fehler gemacht haben muss.

Der Tag kam ran und es war alles halb so schlimm. Der Leistenbruch war nur theoretischer Natur und der Fremdkörper, war kein Fremdkörper, sondern „ausgebrochen“. Nun ging ich beruhigter zum Chirurgen und wir machten einen Termin aus zur OP, weil es ein Bauchdeckenbruch war.

Und nun bin ich einige Tage hier und warte auf meine morgige Entlassung. Ich hoffe der Arzt sagt „JA“ zu meinem Willen, denn es basiert sozusagen auf Verhandlungsgespräch.

Als ich hier ankam, zog ich wie das beim Jobcenter so üblich ist, eine Nummer. Auf dem Display stand siebenundzwanzig und ich hatte die neunundzwanzig. Also setzte ich mich und wartete. Ich wartete. Ich wartete immer weiter. Im Büro waren außer zwei Mitarbeiterinnen keine Menschen zu sehen. Ich wartete. Eine Frau zog die dreißig und wartete. Wir warteten und warteten, bis ich nicht mehr warten wollte. Also ging ich hinein und fragte, ob es hier nach gezogenen Nummern geht, wie man erwartet, oder hier ein anderes System benutzt wird. Die Damen erschraken und ich sollte mich doch bitte einen Moment draußen gedulden. Ich ging raus, setzte mich, die Nummer achtundzwanzig erschien. Dafür war aber keiner da und auch die Frauen merkten es. Dann war es soweit. Danach ging es zur Station. Ich wurde begrüßt und ins Zimmer geführt. Drei-Bett-Zimmer mit zwei Flachbildfernsehern, aber nur einem lauten Ton. Wer ist nun der Stärkste?

Wir verzichten auf das Fernsehen. Das eine Bett fehlte, sollte aber noch mit einem Erdenbewohner kommen. In dem anderen lag einer, der eine Leistenbruch-OP bekommen sollte, ab Mittag und am anderen Tag nach Hause. Ich sah mich um. Ein freies Bett, auf dem ein laminiertes Schild stand:“Bett frisch bezogen…“

Ich las das und lobte die Schwester dafür. Sieh sah etwas verdutzt aus. Erst später las ich, dass man das Bett nicht als Sitzgelegenheit benutzen möchte . Ich ließ mir noch zeigen, wo man was zu trinken holen kann und ließ die Bemerkung fallen, dass mein morgiges Erscheinen ja wohl gereicht hätte, zumal ich gerade als ich zu Hause losgehen wollte, ein Anruf bekam und mir mitgeteilt wurde, dass alles einen Tag später stattfindet.

Meine Frau stieß mir in die Seite und ich entschuldigte mich bei ihr. Sie tat aber, als hätte sie alles als Spaß aufgefasst. Wer weiß?

Ich betrachtete mein Bett und sah, dass sich mein Alptraum erfüllte. Das Bett, ich weiß nicht, ob das noch das einzige in diesem Krankenhaus ist, hat eine Liegebreite von 80 cm. Und wiedermal musste ich auf solch eine Campingliege. Damals wurde mir erzählt, dass breitere Betten nicht durch die Türöffnungen passen. Das stimmte damals auch, aber jetzt sind die Türen zu Toren umgebaut und die Betten würden fast quer durch passen. Aber es blieb mir keine Wahl. Ich wusste, dass ich nachts beim Umdrehen kämpfen würde, dass die Decke nicht herunterrutscht, dass ich mich nicht einfach von einer Seite zur anderen drehen kann, sondern auf der Stelle wenden musste. Wer das noch nicht erlebt hat, weiß nicht wovon ich spreche. Schließlich geht es hier um ein paar Nächte im operierten Zustand.

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Und diese auch wieder

Als ich meinem, DEM, Schwager das gestern erzählte, meinte er, dass kann doch nicht schlimm sein. Ein neunziger Bett ist auch nicht viel breiter. Da kann man aber wenigstens noch ein Buch zum Lesen hinlegen. Und überhaupt denke ich mal, dass sein Heimbett mindestens 100 cm breit ist. Anders kann es gar nicht sein. Und der will mir was erzählen.

Jedenfalls hatte ich keine Wahl. Mein Protest und aufkommende Schmerzen wurden ignoriert. Dafür erzählten sie mir bei jeder Messung, mein Blutdruck ist zu hoch. Ist das ein Wunder bei dem Bett? Nun sind die Schmerzen weg und ich hoffe morgen wieder in meinem eigenem Bett zu schlafen. Dann klappt`s auch mit dem Blutdruck.

Als ich nun so nach meinem Einzug hier alles durchgelesen und erforscht hatte, wusste ich, dass das Pflegepersonal irgendwann vorm Patienten eine Schichtübergabe macht. Ich wusste, dass die Stationsärztin irgendwann mit mir sprechen möchte und ich wusste, dass außer einer Morgenvisite noch eine Nachmittagsvisite stattfindet. Irgendwann.

Aber sollte ich mich deshalb unbeweglich auf das schmale Bett legen? Ich ging los, die Flure mit Schritten abzumessen. Als ich am entferntesten Punkt der Station ankam, hörte ich hinter mir aufgeregte Stimmen. Die Stationsärztin wollte doch mit mir reden. Jetzt! Konnte ich doch nicht wissen.

Das Gespräch war vorbei und ich dachte, was machst du nun? Wieder ging ich los. Stimmen aus dem Hintergrund. Jetzt ist Übergabe. Ich schnellen Schrittes zurück, und…

„Ach sie brauchen ja noch gar nicht dabei zu sein, sie haben ja noch nichts.“

Dann irgendwann denke ich bei mir, Alter, da draußen steht Kaffee, warum nimmst du nicht einen. Der inzwischen hereingebrachte dritte Patient war ein 87-jähriger ehemalige Russe aus Petrograd der nur „wenig“ deutsch sprach und sich mit seiner Frau russisch unterhielt. Ein paar Brocken Schulrussisch verstand man, aber das ergab keinen Sinn. Also Kaffee!

Ich hebe die Tasse zum Einfüllen unter die Kanne und bemerke hinter mir einen Luftzug. Ich drehe mich um. Ein halbes Dutzend Ärzte steht da und sieht mich an. Ich stelle die Tasse ab und will ins Zimmer sprinten, da sagt die Stationsärztin, dass ich für das Team erst morgen ein Fall bin.

Ich trank drei große Tassen Kaffee.

Dann ging es wieder los mit der Warterei. Eigentlich hatte ich schon alle Fenster, die ich erreichen konnte, besucht und die Aussicht genossen. Ich wusste welche Vögel auf welchen Bäumen wohnen und welches Fenster auf eine Gartensparte zeigte, die in mir eine Art tiefes Bedauern für die Besitzer hervorrief. Es war nicht nur die Lage des Stückes, sondern auch die Aufteilung und was daraus gemacht wurde.

Ich verfluchte schon den nächsten Vormittag, da ich erst gegen Mittag dran kommen sollte. Aber es kam besser. Ich sollte doch der Erste sein. War ich froh. Nur mein Magen war von diesem Tag sehr enttäuscht. Zum Mittag bekam ich eine grüne Suppe ohne feste Bestandteile und am Abend eine klare Brühe.

Als ich meinen Besuch verabschiedet hatte und wieder meine Etage erreichte, staunte ich nicht schlecht, als ein großer Wagen dort stand mit einem kalten Buffet. Darum hatte auch keiner nach den Essenswünschen für die nächsten Tage gefragt. Toll!

Ich verbrachte den Abend mit Schreiben dieser Zeilen, aber auf Papier. Eine Schwester fragte ganz erstaunt, ob ich einen Brief schreibe. Natürlich verneinte ich und erklärte ihr die Situation.

Die anderen beiden Patienten sehen sich Fußball an. Der eine, der den kleinen Fernseher auf der anderen Seite kaum erkennen kann und der andere, der beim ersten Toilettengang nach der OP nur bis kurz zu vor sein Bett kam und eine Zwangspause, auf dem Fußboden liegend, machen musste.

Der Kreislauf!

Aber Fußball kann eben alles vergessen machen.

Ich bereitete mich gedanklich auf den nächsten Tag vor und schlief ein.

Frühstück: 1 Schluck Wasser, 1 Tablette

dann ging es im schmalen Bett in den Keller, kurze Unterhaltung mit den Schwestern und das war`s. Irgendwann gegen Nachmittag bin ich wieder oben an meinem festen Platz. Zum Abend eine Puddingsuppe.

 

Letzte Seite, mehr überspringen geht nicht.

Die nächsten Tage verliefen den Umständen entsprechend. Ich las drei Bücher bis zur Entlassung und habe nicht schlecht Lust,das nächste anzufangen. Mein Arzt sagte mir,, dass in meinem Bauch drei Löcher zu stopfen waren. Wahrscheinlich hat jeder Mammutschmerz ein Loch verursacht, bzw. umgekehrt.

Es kam das Wochenende. Das Wetter war nicht schlecht und es war Visite. Natürlich nicht von dem Arzt der mich operiert hatte. Nein, der war es nicht. Der hätte ja sagen könne, dass ich nach Hause gehen kann. Nein, es war ein anderer Arzt. Und der sagte, dass alles so schön bei mir aussieht, dass ich ja die Grundlage habe, am Montag mit meinem Arzt in Verhandlung zu treten, wann ich gehen kann. Also war ich am Sonntag hier gefangen. Aber ich brauchte gar nicht verhandeln. Es sprudelte sozusagen spontan heraus, dass ich meine Sachen packen kann.

Aber da war ja noch der Samstag. Und das war der Abend, als mich mein Schwager anrief.

Er hatte zwei Gemeinheiten für mich: Die Erste war das schon benannte Thema: Bettbreite.

Und nun setzte er noch einen drauf und erzählte mir, dass er seinen Pool vom Winterschutz befreit hatte und darauf wieder die grundhäßliche, aber leider nutzbringende STAR- WARS- Haube drauf gesetzt hat. Diese Haube sieht aus wie der Kopf des kleinen Roboters im Film „Krieg der Sterne“ der immer hin und her flitzte und dabei „widiwidiwit, widiwidiwit“ rief. Wenn man in den Pool geht, fühlt man sich wie Schneewittchen: Im Sarg liegend, ein Apfelstück im Mund und oben ein gläserner Deckel.

Aber warm!

Das macht mich natürlich bezüglich des Anbadetermins immer missmutig.

Nun, er hat sein Pool am Haus, ich habe meinen im Garten. Da würde man nicht schlecht gucken, wenn ich so ein Teil hätte.

„Guckt mal der! Noch nichts gesät, Rasen nicht gemäht, aber baden!“

Also muss ich in diesem Punkt zurückstecken. Und das weiß mein Schwager. Wenn ich ein Bildtelefon benutzt hätte, hätte ich ihn grinsen sehen.

Ich sagte ihm, dass ich diese Gemeinheiten veröffentlichen werde.

Und das ist nun geschehen.

Moment noch! Da ist noch ein Erlebnis, dass mich doch sehr nachdenklich macht.

Ich muss erst noch voran stellen, dass dieses Krankenhaus eine kirchliche Stifts-Einrichtung ist, in der mehrere Kruzifixe hängen, eine eigen Kirche zur Messe ist vorhanden und auch eine christliche Seelsorge.

Zwei Tage nach meiner OP legte ich mich auf mein schmales Bett. Ich schaltete mein Handy auf MP3, steckte die Ohrhörer in meine Lauscher und ließ die ganzen Hits runter leiern, die ich kurz vor Einlieferung aufgespielt hatte. Ich schloss die Augen und döste. Da ich direkt an der Tür lag, bekam ich aber mit, dass diese aufging und irgend jemand hereintrat. Ich sah durch einen kleinen Augenschlitz die Frau des russischen Mitbewohners, der mich inzwischen als seinen Freund bezeichnete, was mich an meine Mitgliedschaft in der damaligen „Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ erinnerte, und eine Ordensschwester. Ich schloss meinen Schlitz und döste weiter. Das ging eine ganze Weile.

Dann auf einmal merke ich so ein leichtes Zittern an meinem Bett.

Nun muss ich wieder eine Zwischenbemerkung machen. Ich möchte niemanden irgendwie zu nahe treten, kränken, oder Gotteslästerung betreiben. Ich bin nie getauft worden.

(Ich wollte schreiben ich bin „Heide,“ aber laut Wikipedia ist das auch nicht ganz richtig.) Ich glaube nicht an Gott, Jesus und was weiß ich, akzeptiere aber die Menschen, die an so etwas glauben und finde das Ganze interessant- mystisch.

Ich öffnete meine Augen und erschrak. An meinem Bett steht besagte Ordensschwester und sieht mich an. Ihre Lippen bewegen sich. Ich nehme meine Ohrstöpsel heraus und höre, dass sie sich nach meinem Wohlbefinden erkundigen wollte, wo sie schon gerade hier ist. Sie gab mir die Hand, was mir eigentlich nicht sehr angenehm war.

Ich sah sie an. Nebenbei sagte ich, dass alles gut ist und ich voller Hoffnung bin, dass es so bleibt usw. In Gedanken befasste ich mich aber mit ihrem Gesicht und den Augen. Die Augen hatten eine schwache graue Farbe ohne Leuchtkraft, ohne Glanz und wirkten als würden sie mich gar nicht so richtig ansehen, oder meinen. Sie kamen mir eher vor wie bei einer Toten mit offenen Augen. Die Gesichtshaut war so fad, dass einem kalt wurde. Sicher hatte sie in diesem Haus schon sehr viel Schmerz gespürt und Leid mit angesehen, aber musste sie mir das so zeigen? Ich war unangenehm berührt.

Sie nahm meine Worte auf. Aber, als wenn sie meinte „Das wollen wir erst mal sehen!“, schob sie mir wieder die Hand entgegen und ging.

Ich weiß nicht, ob ein Zusammenhang besteht. Aber meinem Bauch geht es bis jetzt gut, der Rücken schmerzt genau so viel und wenig wie sonst auch, aber mein Blutdruck ist stark angestiegen.

Wer hätte das gedacht?

 

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